Mein Vorschlag: wir nutzen die Viewer-Webseite als Plattform, um dort
die verschiedenen Strukturdatensets gleichberechtigt zu sammeln und zu
dokumentieren. Wir sollten das aber deutlich von der eigentlichen
Viewer-Dokumentation trennen, denn damit hat es nichts zu tun.
Diesem dokumentierenden Ansatz möchte ich mich anschliessen. Es ist
einfach hilfreich, wenn man etwas hat, an dem man sich orientieren kann.
Und vorschreiben kann hier in der Tat auch niemand etwas, nicht einmal
die DFG, die kein Standardisierungsausschuss ist - um auch dies einmal
zu betonen! Die DFG ist kein Gremium, das selbst Standards entwicklet,
sondern sie greift in communities etablierte Standards auf, prüft sie
auf Ihre Sinnhaftigkeit und "empfiehlt" sie. Je etablierter dieser
Standard ist, desto nachdrücklicher wird die Empfehlung. Wenn also
wichtige und große Projekte ein bestimmtes Strukturdatenset für sich
favorisieren (z.B. VD16/17, zvdd), dann wird dies aufgegriffen und kann
Bestandteil z.B. von Praxisregeln werden. Aus diesem erhellt, dass wir,
diese und andere Bibliotheken selbst es sind, die Standards setzen. Da
es bisher keine Standards zu Strukturdaten gibt, ist unser Tun hier ein
nomothetisches.
Viele Gruesse,
Ihr
Th. Stäcker
Viele Grüße
Sebastian Meyer
--
___________________________________________________
Sebastian Meyer
Abteilung Informationstechnologie
Referat Entwicklung
Sächsische Landesbibliothek -
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)
01054 Dresden
Besucheradresse: Zellescher Weg 18
Tel.: +49 351 4677-206
Fax: +49 351 4677-711
Mail: smeyer(a)slub-dresden.de
Web:
http://www.slub-dresden.de/
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> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: dv-technik-bounces(a)dfg-viewer.de [mailto:dv-technik-bounces@dfg-
> viewer.de] Im Auftrag von Kay Heiligenhaus
> Gesendet: Dienstag, 25. November 2008 18:04
> An: technik(a)dfg-viewer.de
> Betreff: Re: [DFG-Viewer] zvdd/DFG-Viewer METS Profil - Version 2.0
>
> Lieber Herr Meyer,
>
> ich muß meiner Antwort zwei Dinge vorwegschicken, denn Ihre Mail berührt nun
> auch zwei Punkte, die m.E. nicht auf der Ebene des technischen Diskurses zu
> verhandeln sind, sondern die Klärung dessen Voraussetzungen betreffen.
>
> 1. Mit dem ersten Punkt beschäftigt sich im allgemeinen die Philosophie,
> vielleicht etwas spezieller die Erkenntnistheorie, traditionell gesprochen
> aber die Hermeneutik: Was ist X? Im konkreten Fall: Was ist eigentlich eine
> Typologie? Hierzu möchte ich zunächst aus einem Werk zitieren, das dem einen
> oder anderen verrät, welche Position ich hierzu einnehme:
>
> "Das sollte sich an Diltheys Nachfolgern zeigen: Die pädagogisch-
> anthropologischen, psychologischen, sozialogischen, kunsttheoretischen,
> historischen Typenlehren, die sich damals ausbreiteten, demonstrierten ad
> oculos, daß ihre Fruchtbarkeit jeweils von der geheimen Dogmatik abhing, die
> ihnen zugrunde lag. An all diesen Typologien von Max Weber, Spranger, Litt,
> Pinder, Kretschmer, Jaensch, Lersch usw. zeigte sich, daß sie einen begrenzten
> Wahrheitswert hatten, aber denselben einbüßten, sowie sie die Totalität der
> Erscheinungen erfassen, d.h. vollständig sein wollten. Solcher 'Ausbau'
einer
> Typologie ins Allumfassende bedeutet aus Wesensgründen ihre Selbstauflösung,
> d.h. den Verlust ihres dogmatischen Wahrheitskerns. [...] Das Denkmittel der
> Typologie ist in Wahrheit nur von einem extrem nominalistischen Standpunkt aus
> legitimierbar." (Hans-Georg Gadamer: Hermeneutik II. Wahrheit und Methode.
> Ergänzungen. Register. Tübingen 1993, S. 101)
>
> Ich würde mich dieser Position Gadamers in jeder Hinsicht anschließen. Sie
> bedeutet übertragen auf unser hier diskutiertes Problem, daß ich den Angang,
> den sie hier vorschlagen, sozusagen eine generische Typologie der Erschließung
> der Welt formulieren zu können, für von Anfang an zum Scheitern verurteilt
> halte. Diese Typologie wird nämlich m.E. dann gar nichts mehr unterscheiden
> können (sie würde reduziert werden müssen auf genau einen Strukturtyp mit dem
> Namen "Struktur") oder eben niemals fertig, weil sie sich in einer
unendlichen
> Diskussion aller denkbaren Unterscheidungen in einer haltlosen Liste von allen
> möglichen Strukturen verlieren würde.
>
> 2. Bei dem zweiten Punkt dreht es sich um die Frage: Wer hat welche Beschlüsse
> gefaßt? Wie war er dazu legitimiert? Welche Legitimation gibt es, diese
> Beschlüsse wieder in Zweifel zu ziehen? Wer kann darüber befinden?
>
> Hier zitiere ich nicht, sondern versuche zunächst vorneweg noch mal in
> Erinnerung zu rufen, daß sich im Rahmen der Vorbereitung der DFG-Viewer-
> Umsetzung die fachlichen und technischen Vertreter von vier Bibliotheken (SLUB
> Dresden, ULB Halle, BSB München, HAB Wolfenbüttel), die im VD16/17-Kontext mit
> dem Thema "Massendigitalisierung" befaßten waren, ergänzt um die Vertreter
der
> SBPK Berlin und der SUB Göttingen, die solche Vorhaben vorbereiteten, auf eine
> Strukturdatentypologie verständigten, die dann im Netz dokumentiert wurde und
> ist. Alle diese Bibliotheken haben anschließend dann Maßnahmen ergriffen, ihre
> jeweiligen Projekte auf diese Beschlüsse auszurichten, entsprechende Prozesse
> und Schnittstellen einzurichten, die diese Beschlüsse auch bedienen konnten.
> Nun führen wir eine Diskussion auf dieser _Technikliste_, angestoßen durch
> eine Nachfrage von Herrn Kothe, die ganz offensichtlich zum Gegenstand hat,
> diesen formalen Beschluß aufzuheben. Ungeklärt scheint mir dabei allerdings
> die Frage: Ist das hier das richtige Gremium dafür? Wenn ja, wodurch ist es
> legitimiert? Wenn nein, welches ist denn das entsprechende Gremium? Hinzu
> kommt dann noch die Frage: Aus welchem Prozeß ist eigentlich das
> Alternativmodell entstanden, der hier ganz offensichtlich zur Diskussion
> gestellt wird? Welche Empirie liegt ihm zugrunde? Welche Gremien?
>
> Wie gesagt: Ich stelle beide Anmerkungen hier bewußt an den Anfang meiner
> Mail. Ich halte es - das kann man anders sehen - eben für wichtig, sich die
> "Bedingungen der Möglichkeit" seines Handelns ab und an explizit ins
> Gedächtnis zu rufen, ansonsten kommt man bei bestimmten Fragen: schnell in
> Treibsand.
>
>
>> da scheint es wohl verschiedene Vorstellungen davon zu geben, welches
>> Ziel unser Strukturdatenset primär verfolgt. Für mich stellt das
>> Strukturdatenset in erster Linie einen Konsens der VD16/17-Projekte dar
>> und ist entsprechend für diese verpflichtend. Darüber hinaus ist es
>> eine starke Empfehlung an vergleichbare Projekte, die sich in diesem
>> Set wiederfinden. Mehr kann es aber nicht sein.
>>
> Genau: Mehr kann und will es zum aktuellen Zeitpunkt nicht sein. Und genau
> unter diesen Voraussetzungen ist das auch so entschieden worden.
>
>
>> Ich denke, da müssen wir uns mit dem DFG-Viewer deutlich aus dem
>> VD16/17-Kontext lösen. Natürlich ist er vor diesem Hintergrund
>> entstanden (und viele Formulierungen auf der Webseite sind auch nur vor
>> diesem Hintergrund zu verstehen), aber er hat sich inzwischen aus
>> diesem Kontext emanzipiert. Diese Liberalisierung wurde nicht zuletzt
>> von der DFG selbst ausgelöst, in dem sie den Viewer in den Entwurf der
>> Praxisregeln aufgenommen hat. Denn die Praxisregeln gelten schließlich
>> für alle Digitalisierungsprojekte der DFG und nicht nur für solche im
>> VD16/17-Kontext. Der Viewer muss künftig also all diesen Projekten
>> gerecht werden. Deshalb haben wir den Eigenheiten der Zeitschriften-
>> Katalogisierung Rechnung getragen und deshalb müssen wir uns aber nun
>> auch in Fragen der unterstützten Strukturdaten so generisch wie möglich
>> verhalten. Der DFG-Viewer ist eben nicht mehr nur das primäre
>> Anzeigeinstrument des VD16/17, sondern auf dem besten Weg zum primären
>> Anzeigeinstrument aller DFG-geförderter Digitalisierungsprojekte.
>>
> Das ist wohl richtig.
>
>
>> Nicht ganz: ich sage nicht, dass wir etwas regeln, das wir gar nicht
>> regeln müssten. Sondern ich sage, dass wir diese Regeln, die wir für
>> einen begrenzten Kontext (nämlich VD16/17) aufgestellt haben, nun nicht
>> ohne Weiteres auf den viel größeren Kontext aller den DFG-Praxisregeln
>> unterworfenen Projekte übertragen können. Wir müssen die Regeln
>> entweder generell anpassen oder seperate Regeln für jeden einzelnen
>> Kontext entwerfen. Mit anderen Worten: entweder wir finden ein
>> Strukturdatenset, das den Bedürfnissen aller Digitalisierungsprojekte
>> der DFG gerecht wird, oder wir entwerfen für jedes dieser Projekte
>> (oder zumindest jeden größeren Kontext) ein eigenes Strukturdatenset.
>> Bislang gehen wir den zweiten Weg (1 Set für VD16/17, 1 Set für
>> Handschriften, 1 Set für Kirchenbücher, etc.). Nun wäre _ein_ Standard
>> als Austauschformat aber natürlich erstrebenswert. Soweit sind wir uns
>> glaube ich einig.
>>
> Nein, insoweit sind wir uns nicht einig. Ich glaube nämlich schlichtweg nicht
> (s. meine Anm. 1), daß diese Aufgabe lösbar ist. Und ich glaube vor allem
> nicht, daß diese Aufgabe, sollte sie doch lösbar sein, von den hier bislang
> Beitragenden mit gegebenen Mitteln gelöst werden kann.
>
>
>> Uneinigkeit herrscht dann in der Frage, welches Set diesen generischen
>> Standard darstellen könnte und wie wir ihn kommunizieren. Das VD16/17-
>> Set kann das nicht leisten, da es zu speziell ist. Das ZVDD-Set ist
>> schon deutlich generischer, aber auch immer noch medientypologisch auf
>> Drucke ausgerichtet.
>>
> Vollkommen richtig: zvdd ist ja schließlich auch die Abkürzung für 'Zentrales
> Verzeichnis digitalisierter Drucke'. Ich halte das zvdd-Set zudem in keiner
> Hinsicht für generisches, es ist einfach nur reduzierter. Zudem muß ich auf
> einen Punkt aufmerksam machen, von dem ich weiß, daß er hier den wenigsten
> wichtig sein wird: das zvdd-Set ist für mich allein dadurch schon mit einer
> gewissen Zurückhaltung zu betrachten, daß es in formal ungenügender Form eine
> Sammlung von Strukturtypen benennt: da steht 'TextSection' neben
> "Announcement_Advertisement", da steht "TitlePage" neben
"Imprint_Colophon".
> Für einen Entwickler - dieser Hinweis sei mir in diesem Kreis gestattet - wäre
> Sourcecode, der Variablen gemixt im C-Style und im Camel-Case-Style benennt,
> schlichtweg ein Unding. Sowas deutet immer darauf hin, daß hier nach
> unterschiedlichen Style-Guides gearbeitet wurde oder eben nachlässig mit
> solchen Konventionen umgegangen wird. Wie gesagt, kein starkes Argument, aber
> immerhin eine Auffälligkeit, was den Reifegrad der Dokumentation betrifft.
>
>
>> Denkbar wäre aus meiner Sicht jedoch, dass ZVDD-
>> Set um wenige Strukturdaten anderer Medientypen zu ergänzen, um ein
>> solches generisches Standard-Set zu erzeugen. Das sollte möglich sein,
>> ohne mehr als ca. zwei Dutzend Strukturdaten benennen zu müssen.
>>
> Vollkommen ausgeschlossen aus meiner Sicht. Wenn Sie Handschriften im Blick
> haben, mag das noch gehen. Bei Kirchenbüchern würden Sie schon in schleudern
> kommen, bei sonstigen Archivmaterialien (Akten, Nachlässe, Bildsammlungen)
> dann schon gänzlich und spätestens bei den Museen wäre sie zum Scheitern
> verurteilt. Von daher halte ich es auch für denkbar unnötig, diesen Angang
> überhaupt zu wählen. Aus meiner Sicht hat der Viewer, hat zvdd nur einen
> Rahmen vorzugeben, in denen die Communities aus ihrer Fachkenntnis und
> innerhalb ihrer Entscheidungsstrukturen kontrollierte Vokabularien zu
> beschreiben hätten (TEI-Taxonomien, Herr Stäcker?). Für die VD16/16-Welt haben
> diese das bereits getan. Aus meiner Erfahrung und Sicht taugt dieses Set auch
> für das 18. bis 20. Jahrhundert. Was wollen wir zum aktuellen Zeitpunkt denn
> mehr?
>
>
>> Modell 1: Jeder Anwender verwendet nach Herzenslust Strukturdaten und
>> führt ein Mapping auf eines von mehreren allgemeineren Sets durch (je
>> nach Anforderungen seines Projekts), bevor er seine Daten weitergibt.
>> Bei Bedarf werden diese Strukturdaten dann wiederum auf ein noch
>> allgemeineres Set gemappt (durch ZVDD zum Beispiel). Das ist das
>> aktuelle Modell, wie es auf der Viewer-Webseite beschrieben ist.
>> Nachteile: Es gibt eine Vielzahl von Sets, die den unbedarften Anwender
>> irritieren und von Zielsystemen wie ZVDD und DDB mit einem Mapping
>> unterstützt werden müssen.
>>
> Dem kann ich nicht folgen: diese Modelle richten sich gerade nicht an
> unbedarfte Anwender, sondern an Leute, die sich fachlich mit der Sache
> auskennen. Das aktuelle Modell wurde von ebendiesen Fachleuten ja auch mit
> guten Gründen beschlossen.
>
>
>> Modell 2: Jeder Anwender verwendet nach Herzenslust Strukturdaten und
>> führt ein Mapping auf ein komplett generisches Set durch, bevor er
>> seine Daten weitergibt. Dieses Set muss dann nicht weiter gemappt
>> werden, sondern stellt gewissermaßen einen offenen Standard als
>> Austauschformat dar, den jedes Zielsystem beherrscht. Vorteile: ZVDD
>> braucht nur ein einziges Mapping, um daraus sein internes Format zu
>> erzeugen, und auch kommende Anwendungen wie die DDB könnten das Format
>> nachnutzen, da es generisch genug ist, um auch deren Anforderungen zu
>> genügen (in dem es beispielsweise nicht nur Drucke berücksichtigt). Aus
>> meiner Sicht ist das das erstrebenswertere Modell.
>>
> Wie gesagt: das "komplett generische Modell" gibt es aus meiner Sicht
nicht.
>
>
>> Ich gebe Ihnen völlig recht, dass wir in jedem Fall eine
>> Standardisierung anstreben sollten - auch im Bereich der Strukturdaten.
>> Wir müssen dabei aber über den Tellerrand schauen, denn der DFG-Viewer
>> soll nicht mehr nur die Bedürfnisse des VD16/17 bedienen. Inzwischen
>> kann er auch mit Zeitschriften umgehen und perspektivisch soll die
>> Präsentation von Handschriften möglich sein, denn auch deren
>> Digitalisierung ist Gegenstand von DFG-Projekten, für die wiederum die
>> Praxisregeln gelten. Das ist eine Entwicklung, die wir damals in Halle
>> noch nicht absehen konnten, als wir die Strukturdatenliste vereinbart
>> haben. Nun ist die Frage, wie wir auf die neue Situation reagieren. Ein
>> Beharren auf alten Entscheidungen ist da nicht unbedingt der richtige
>> Weg, auch wenn ein Umdenken natürlich wieder mit Aufwand verbunden ist.
>> Da müssen wir nun Aufwand und Nutzen abwägen.
>> Meine persönliche Meinung dazu ist, dass der Nutzen den Aufwand in
>> jedem Fall rechtfertigt, zumal wir langfristig mit der Pflege und
>> Implementierung verschiedener Strukturdatensets auch eine Menge Aufwand
>> hätten.
>>
> Der Aufwand würde vermieden, wenn man einen definierten Rahmen hätte,
> innerhalb dessen die fachlich versierten Communities ihre Typologien
> erstellen. Technisch halte ich das für den richtigen Angang, fachlich tue ich
> das auch. Die von Ihnen vorgebrachten Argumente überzeugen mich nicht. Sie
> stellen für mich auch keinen Blick über den Tellerrand dar, sondern einen
> Sprung ins kalte Wasser, denn - ich wiederhole es nochmal - an der Entwicklung
> einer generische Typologie haben sich schon ganz andere Leute die Finger
> verbrannt. Und die wilde Mischung der Metaphern zeigt auch bereits, warum das
> so ist... ;)
>
> Beste Grüße,
> Kay Heiligenhaus
>